Krank ohne Glyphosat

Wer die Zeitung aufschlägt oder einen Blick in die sozialen Medien wagt, kommt derzeit an einem Thema kaum herum: Glyphosat. Ein Totalherbizid, daß weltweit das meistgenutzte Pflanzenschutzmittel sein soll und das sich in den vergangenen 40 Jahren zu einem unverzichtbaren Helfer in der Landwirtschaft entwickelt hat. Doch woher der neue Hype? Der Beginn dieser Diskussion lässt sich ziemlich genau datieren: im März diesen Jahres wurde von der Weltgesundheitsorganisation ein neuer Bericht über sichere und mögliche Krebsgefahren bestimmter Stoffe veröffentlicht, die so genannten IARC (International Agency for Research on Cancer) Klassifizierungen. Es ist ein Vorgang der sich alle paar Jahre wiederholt und an sich keine große Aufmerksamkeit erfährt, stellt er doch viele Dinge als hochgradig krebsgefährdent dar, die für uns Alltag sind und die wir niemal mit einer akuten Krebsgefahr in Verbindung bringen würden. So finden sich in der ersten Klasse (definitv krebserregender Stoffe) unter anderem alkoholische Getränke, Sonnenlicht, Sandstaub, Holz- und Lederstaub. Danach folgen die eventuell krebserregenden Stoffe der Klasse 2A, daß heißt nach dem Prinzip des IARC Stoffe, bei denen bisher keine Krebsgefährdung nachgewiesen werden konnte, bei denen es aber auch nicht völlig auszuschließen ist. Zu Ihnen zählen beispielsweise Matetee, Friseurhandwerk, Schichtarbeit und seit neusten eben Glyphosat.

Betrachtet man in welcher Gesellschaft sich dies Pflanzenschutzmittel befindet, sollte jedem klar werden, daß selbst für die wenigen Menschen, die mit dem Mittel direkt hantieren keine nennenswerte Gefahr ausgeht, zumal auch die Giftigkeit des Stoffes für Menschen und Tiere unter der von Backpulver und Kochsalz rangiert.

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Gerade der Umstand, daß das Glyphosat schon seit rund 40 Jahren am Markt ist und eine solch überragende Bedeutung besitzt, verdanken wir, daß es auch zu einem der besterforschesten Wirkstoffe im Pflanzenschutz zählt. Dennoch ließ die neue Einstufung des IARC das links-grüne Spektrum aufhorchen, geht es Ihnen beim Glyphosat doch viel weniger um den Wirkstoff selber, denn um ein Symbol. Einst von dem US-amarikanischen Agrarchemie- und Pflanzenzuchtkonzern Monsato entwickelt, verkörpert es für viele linke politische Strömungen so ziemlich alles, was in ihrem Weltbild böse ist: Gentechnik, moderne Landwirtschaft, Chemie, US-Imperialismus, Marktwirtschaft etc. Welche Kampagnen in den vergangenen dreieinhalb Monaten alles angestoßen wurden, lässt sich gut im Verlauf dieses und weiterer Blogs nachlesen. Sie alle wurden mit der Angst um die Gesundheit der Bevölkerung verargumentiert und immer wieder in den Raum gestellt, wozu man ein Totalherbizid denn überhaupt bräuchte. Das das angestrebte Verbot aber mehr gesundheitlichen Schaden anrichten könnte und daß genau das eines der besten Argumente für die Weiterverwendung von Glyphosat ist, wurde bisher kaum diskutiert.

 Wozu man ein Totalherbizid wie Glyphosat, bzw RoundUp wie sein ursprünglicher Handelsname ist braucht ist schnell erklärt. Landwirte können ihre Äcker somit schnell, effizient und vor allem umweltschonend von Problemunkräutern befreien. Odie oft angeführten Alternativen hierzu sind neben der Verwendung zahlreicher anderer Herbizide, welche dann aber als selektive Herbizide jeweils nur ein Teil der Unkräuter erfassen, so daß mehrere teure Anwendungen mit jeweils geringer Wirkung die Folge währen. Will oder müsste man ohne Herbizide auskommen, bleiben nur zahlreiche Bodenbearbeitungsschritte, allen voran das Pflügen. Jeder Bearbeitung mit dem Pflug führt zu Humusabbau und negativer Beeinflussung der Lebewesen in den Böden, Kohlendioxidfreisetzung und erhöht die Erosionsgefahr. Pflügen bekämpft aber Unkräuter nicht wirklich sondern verschafft den Kulturpflanzen lediglich einen Konkurrenzvorsprung. Mehrmaliges Hacken und Striegeln jedes Jahr sind zusätzlich nötig. Als Folge dessen bleibt der Boden zwischen den Kulturpflanzen stets angekratzt und mit gestörter Struktur, was die Erosionsgefahr noch weiter steigert. Trotz all dieser Risiken, dem höheren Arbeitsaufwand und höherem Dieselverbrauch, werden nie alle Unkräuter erfasst.

 Für den Laien mag das kein großes Problem darstellen ist doch ein Getreidefeld mit ein paar Kornblumen und etwas roten Mohn ein durchaus schöner Anblick und wird doch der Minderertrag den der Landwirt zu recht moniert ihm wieder als reine „Profitgier“ angelastet (Und täglich grüßt die Profitgier-Keule). Doch so einfach ist die Sache nicht, denn viele Unkräuter haben es im wahrsten Sinne des Wortes „in sich“. Hier geht es nicht nur um Ertrag und saubere Felder, sondern um die Gesundheit von Mensch und Tier. Es mag heutzutage kaum vorstellbar sein, daß das was von Natur aus auf den Feldern wächst schlimmer sein kann, als Pflanzenschutzmittel die der landwirt anwendet. Doch genau hier liegt das Problem, durch die Anwendung moderner Wirtschaftsmethoden sind viele giftige Unkräuter in den letzten rund hundert Jahren so erfolgreich zurückgedrängt worden, daß man sich heute ihrer Gefahren heute kaum mehr erinnert, zudem kamen auch der eine oder andere Neuankömmling hinzu.

 Während es Glyphosat mit der reinen Mutmaßung einer eventuellen Krebsgefährdung auf Niveau von Schichtarbeit gerade in alle Medien schafft, bleiben gleichzeitig die Belastungen von Biolebensmitteln mit Tropanalkaloiden (Dazu auch das BfR) fast völlig unbemerkt und daß obwohl fast monatlich große Rückrufaktionen wegen ernstzunehmender Gesundheitsgefahren durch eben diese stattfinden (http://www.cleankids.de/2015/03/31/rueckruf-tropanalkaloide-alnatura-ruft-hirsebaellchen-zurueck/53285 http://www.welt.de/wirtschaft/article135540542/Alnatura-ruft-erneut-Baby-Brei-zurueck.html http://www.foodle.ch/de/3507-66-tropanalkaloide-in-gemahlener-braunhirse-artikel.aspx http://www.foodle.ch/de/3505-66-tropanalkaloide-in-polenta-maisgriess-artikel.aspx)! Tropanalkaloide sind natürliche Gifte zahlreicher Pflanzen, die unter anderem im Getreideanbau als Unkräuter vorkommen und gerade im Bioanbau nur unzureichend bekämpft werden können. Durch die Ernte gelangen die Samen mit hohen Alkaloidgehalt mit in das Getreide.

 Ein weiteres Problemunkraut, daß sich erst durch die massive Einschränkung von Pflanzenschutzmaßnahmen breit machen konnte ist das Jakobskreuzkreut. Diese enthält Pyrrolizidinalkaloide, welche sich im Körper anreichern und die Leber schwerst schädigen. Vorrangig betroffen waren bisher Weidetiere, wie Pferde, Rinder, Schafe, welche das Jakobskreuzkraut auf der Weide, beziehungsweise im Heu oder der Silage mitfraßen. Zuletzt starben zwei Rinder in Schleswig-Holstein an einer entsprechenden Vergiftung (http://www.ln-online.de/Nachrichten/Norddeutschland/Schlimmer-Verdacht-Rind-stirbt-an-giftigem-Jakobskreuzkraut). Pferde die noch weitausempfindlicher darauf reagieren vergiften sich mit einer inzwischen erschreckenden Regelmäßigkeit an dem Weideunkraut (http://www.ak-kreuzkraut.de/). Da sich dieses Unkraut aber inzwischen so weit verbreitet hat und seine gelbe Blüten auch für Bienen sehr attraktiv sind, finden sich Pyrrolizidinalkaloide zunehmend auch im Honig. Einige Imker stehen vor dem Ende ihrer Existenz, weil sie ihren Honig nicht mehr vermarkten können und Verbraucher laufen Gefahr statt süßen und gesunden Blütenhonigs sich einen Leberschaden einzufangen. So musste sich letztlich auch der grüne Landwirtschafts- und Umweltminister Schleswig-Holsteins Robert Habeck gegen die selbsternannten Umweltschützer stellen und versucht zur Zeit sehr zögerlich eine Bekämpfungsstrategie gegen das heimtückische Unkraut auf den Weg zu bringen (http://www.shz.de/schleswig-holstein/panorama/gift-im-honig-minister-habeck-reagiert-id6857751.html). Ohne vernünftige Möglichkeiten des Einsatzes von Herbiziden wird dies aber wohl eher ein Kampf gegen Windmühlen werden.

 Ein sogenannter Neophyt, also ein Neubürger in unserer Pflanzenwelt ist Ambrosia. Im Gegensatz zu den beiden obigen Beispielen, muss man mit ihr nicht einmal in Berührung kommen, um ihre negativen gesundheitlichen Auswirkungen zu spüren zu bekommen. Ihre Pollen zählen zu den mit dem höchsten Allergiepotential. Als Unkraut wächst es bisher vor allem noch in Süd- und Südosteuropa, breitet sich aber zunehmend auch nach Deutschland aus (http://www.dlg.org/index.php?id=3677).

Es gilt als die unantastbare Weisheit unserer Tage, daß alles böse und schädliche dieser Welt vom Menschen geschaffen wurde. Würden wir sie nur lassen, würde die Natur sich fürsorglich um uns kümmern. Wer sich die Mühe macht und sich die Entwicklung der Lebenserwartung der Menschheit während der vergangenen zweihundert Jahre anschaut, sollte sich eigentlich bewusst werden, wie naiv diese Vorstellung ist. Auf solche Ideen kann man wohl nur dort kommen, wo die meisten Naturgefahren dank menschlicher Erfindungen schon so lange so weit zurückgedrängt wurden, daß man sich ihrer nicht mehr erinnert. Auch die einst apokalyptischen menschlichen Bedrohungen wie die Angst eines weltweiten Atomkrieges hat sich seit Ende des Kalten Krieges wohl weitestgehend erledigt, so daß vielen Menschen die nun ihrer Bedrohung beraubt wurde manisch nach irgendwelchen Minimalstrisiken suchen.

Bei einer ernsthaften Abwägung der Nutzen und Gefahren von Pflanzenschutzmitteln im Allgemeinen und Glyphosat im Speziellen gegenüber den natürlichen Risiken wird zumindest nach dem derzeitigen Kenntnisstand keine Argumente für ihr Verbot vorbringen können. Führt man sich die gesundheitlichen Gefahren, die aus einer unzureichenden Unkrautbekämpfung resultieren vor Augen, müsste man eher zu dem Schluß kommen, daß ohne Glyphosat mehr Menschen krank werden, als mit. Und auch das gehört zum menschlichen Fortschritt, daß man diese Abwägung jederzeit wiederholen und anders gewichten kann, wenn sich neue, gesicherte Erkenntnisse ergeben sollten. Was uns derzeit als solche verkauft wird, ist hingegen weder eine gesicherte Erkenntnis noch neu!

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