Bauern stehen auf dem Schachbrett immer in der ersten Reihe. Dieses mag auf dem ersten Blick recht positiv erscheinen, da die “erste Reihe” meistens den hochgeschätzten Persönlichkeiten einer Gesellschaft gebührt. Doch welche Gesellschaft bildet denn nun ein Schachbrett ab? Schach ist ein Kriegsspiel und so wie es im Krieg unterschiedliche Personen in unterschiedlichen Funktionen beteiligt sind, stehen die Schachfiguren für die verschiedenen Stände eines Staates. Schnell wird dabei deutlich, daß es für die Bauern keine Ehre ist hierbei in der ersten Reihe zu stehen, denn sie stehen allein dort um in vorderster Front in einem Krieg zu kämpfen, den sie nicht verursacht haben und um so die hohen Gesellschaft in ihrem Rücken zu schützen, welche das Spiel in der Regel um einiges länger überlebt als die meisten der Bauern, welche aus taktischen Gründen auch gerne mal geopfert werden. Nun ist Schach nicht einfach nur ein Spiel, die Stellung und Funktion des Bauers dort, war bis vor rund zweihundert Jahren fast eineinhalb Jahrtausende lang die Realität in Europa.
Die ersten bäuerlichen Gesellschaften in unseren Breiten waren geprägt von einer flachen Hierarchie und weitestgehender demokratischer Willensbildung. Dieses bot den Bauern, Handwerkern und Kaufleuten in diesen Dörfern zwar größtmögliche Freiheit, jedoch konnten sie sich auf diese Weise auch nur gegen etwa gleichstarke Gegner wehren. Dies ermöglichte einem zentralistischen Staat mit einer starken professionellen Armee, wie dem Römischen Reich, eine nahezu unbegrenzte Expansionsmöglichkeit. Hermann dem Cherusker gelang es erst durch die Vereinigung der verstreuten Kräfte Germaniens die römischen Besatzer zurückzuschlagen. Dies legte den Grundstein für den Feudalismus (Quelle), der Professionalisierung und der Arbeitsteilung in der Verteidigung. Fähige Krieger, waren fortan für die Sicherheit der Gesellschaft zuständig. Damit sie diesen Job mit vollem Engagement nachgehen konnten, versorgte die Bevölkerung sie mit allem was sie zum Leben brauchten. All zu schnell merkten aber einige dieser Kriegerfamilien, daß man die ihnen zugestandene Macht nicht nur zur Verteidigung der Bevölkerung, sondern auch dazu einsetzen kann, um sie zu zwingen ihnen noch mehr zu zahlen und zu leisten. Im Prinzip eine großangelegte Schutzgelderpressung. Mit Beginn des 19ten Jahrhunderts diente dieses System aus, denn es war nicht mehr im Stande sich gegen Napoleon zu erwehren, der zwar als Diktator fungierte, aber eine Armee von Bürgern einer großen Nation anführte. Die Voraussetzungen, daß Napoleon später zurückgeschlagen werden konnte, lag vor allem in der Liberalisierung der Gesellschaft, dabei allen voran die Befreiung der Bauern aus der Leibeigenschaft und anderen Fesseln des Feudalismus (Quelle). Dies führte in der Landwirtschaft auch zu zunehmenden Produktivität, welche wie in England einen wirtschaftlichen Gesamtaufschwung und somit die Industrielle Revolution nach sich zog (Quelle).
Landwirte sind selbstständige Unternehmer, was grundsätzlich wirtschaftliche Unabhängigkeit mit sich bringt, mit der sich ein Teil an Unfreiheit und Bevormundung kompensieren lässt. Gerade dieser Fakt war und ist besonders den linken gesellschaftlichen Spektrum ein Dorn im Auge. Seit Ende des ersten Weltkrieges wurden daher mit unterschiedlichsten Begründungen, Einschränkungen der Handlungsfreiheit der Landwirte vorangetrieben. Konkrete Ausprägung bekam dies schließlich im Dritten Reich. Aus freien Bauern wurde nun der Reichsnährstand und mit viel falschen Pathos à la “Reichs-Erbhof“ versuchte man ihnen diese neue Leibeigenschaft durch den autoritären Zentralstaat als große Errungenschaft zu verkaufen (Quelle). Mit der Niederlage 1945 wurde dieses Konstrukt jedoch schnell genug wieder beseitigt, ehe es große Auswirkungen zu Tage treten konnten.
Die neuen Machthaber in der der sowjetisch besetzten Zone, die identische Pläne verfolgten, hatten indes daraus gelernt und wussten, daß sie schneller und radikaler Handeln müssen als die Nazis. Zigtausende Landwirte wurden kein halbes Jahr nach Kriegsende binnen Stunden aus ihrer Heimat vertrieben und nicht selten auch verschleppt, gefoltert und umgebracht. Ihr Eigentum wurde verstaatlicht und und kleingestückelt anderen Bewirtschaftern zur Nutzung überlassen. Den Verschonten wurde es als ihre eigene Befreiung verkauft, dabei war es nicht zuletzt auch ein Exempel, was mit denen geschehen wird, die sich den zukünftigen Maßnahmen in den Weg stellen werden. Denn im Laufe der 1950er Jahre wurde schließlich massivster Druck unter Androhung von Strafe ausgeübt, bis auch der letzte selbstständig wirtschaftende Landwirt sich “freiwillig” als Leibeigener der DDR in eine Kolchose eingebracht hatte. Dieses war auch dringends nötig um einen der großen Widersprüche des Sozialismus zu beseitigen: Die Parole von den Arbeitern und Bauern. Kaum ein Bauer und wenn er noch so arm war, hätte sich zu dieser Zeit mit einem Arbeiter identifiziert, geschweige denn sich mit ihm auf eine Stufe gestellt. Nun wurden ehemals freie Bauern zu Landarbeitern auf ihrem eigenen Grund, jetzt standen sie gezwungendermaßen mit dem Arbeiter auf einer Stufe. Wenn auch bei Weitem nicht im gleichen Ausmaß, auch in der Bundesrepublik wurden Landwirte von Anfang an als Selbstständige zweiter Klasse behandelt. Bestes Beispiel hierfür ist die Zwangsversicherung in der Landwirtschaft. Jeder Selbstständige kann in Deutschland selbst entscheidend wie er sich krankenversichert und ob und wie er sich rentenversichert. Hauptberuflichen Landwirten und Künstlern hingegen bleibt dies bis heute verwehrt. Die Mindestbeiträge zehren dabei schnell die Einkünfte von 25 ha auf, einem Betrieb der bis dato als Vollhof problemlos eine ganze Familie und diverse Arbeitskräfte ernähren konnte.
Das Hauptproblem das bis heute solche, für die Landwirtschaft oftmals mehr als problematischen Entscheidungen getroffen werden, ist die, daß Landwirte in Politik und Medien chronisch unterrepräsentiert sind, bzw. ihr Einfluss dort zu gering bleibt. Dem gegenüber stehen verstädterte Entscheidungsträger, die nicht selten gerade ihren Bildungsgrad überheblich vor sich hertragen. Daraus resultiert oftmals entweder Verachtung gegenüber der Landwirtschaft,als etwas altes, dummes und niederes oder, nicht viel besser, ein Sendungsbewusstsein, den armen, dummen und hilflosen Bauern helfen zu müssen. Sie alle vergessen dabei, daß sie selbst meist nur ein zwei Generationen zurück teilweise bäuerliche Wurzeln haben und das viele Landwirte gerade heutzutage besser gebildet sind als sie selbst. Aus dieser Arroganz resultiert meistens auch das mangelnde Bestreben sich überhaupt mit der Materie auseinanderzusetzen, schließlich weiß man ja selbst schon alles besser als der Rest. Hier offenbart sich ein neuer Feudalismus. Die Menschen, die in der modernen arbeitsteiligen Gesellschaft bestimmt wurden, sich um die Verwaltung des Staates und die Informationsversorgung zu kümmern und auch entsprechend auch vom Rest des Volkes dafür bezahlt werden, beginnen sich über dieses zu stellen.
Wie die Feudalherren der vergangenen Jahrhunderte haben sich auch diese Kräfte den Schutz der Bauern auf die Fahnen geschrieben. So wird man nicht müde Einschränkungen bei Stallbauten, Ökologisierung oder Spekulationsverbote vor allem damit zu begründen, dass die Landwirtschaft ansonsten keine Zukunft hätte. Immerhin sind die Bauern ja zu dumm, die schlimmen Umtriebe der Agrarindustrie, gieriger Kapitalisten und die Auswirkungen der bösen Agrarchemie selbst zu erkennen, weshalb man als erleuchtete Elite ja dazu verpflichtet ist sie über die “Wahrheit“ aufzuklären und mittels Einschränkungen und Verboten sie vor den katastrophalen Folgen zu bewahren. Immer wieder wird beispielsweise ohne jegliche Beweise behauptet, daß der Einsatz von Kunstdüngern und Pflanzenschutzmitteln den Boden ausgelaugt und somit zu sinkenden Erträgen führt (Quelle). Leider sprechen die steigenden Ertragszahlen eine andere Sprache, weshalb der drohende Weltuntergang immer wieder in Zukunft verlegt wird. Auch die Ausbeutung der Bauern durch schlimme Spekulanten, stellt unsere selbst ernannten Eliten vor ein Argumentationsproblem, denn die europäischen Landwirte erlösen mit ihren Produkten inzwischen in den meisten Fällen mehr als es zu besten Zeiten der ausufernden staatlichen Interventionen der Fall war. So stehen sie, die neuen Feudalherren vor dem gleichen Problem, wie ihre historischen Vorgänger, es gibt nichts vor dem sie ihre Untertanen schützen können, da man aber dadurch schnell seine Legitimation verliert, greifen auch sie zu den altbewährten Mittel: Die Gefährdung einfach selbst erschaffen!
Ein Beispiel hierfür ist der grüne niedersächsische Landwirtschaftsminister Meyer, der sich den Erhalt und besondere Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft auf die Fahnen geschrieben hat, ein absolut löbliches Vorhaben, welches von den betroffenen Landwirten aber in keinster Weise honoriert wird. Immerhin ist die wirtschaftliche Lage dieser Betriebe zur Zeit zufriedenstellen und es gibt zahlreiche Entwicklungsmöglichkeiten, damit dies auch in Zukunft für sie der Fall ist. Wer wirtschaftlich unabhängig ist, bedarf aber keiner fürsorglichen Obrigkeit, so daß es eine der ersten Amtshandlungen Meyers war, einen Erlass durchzusetzen, der den Einbau extrem kostspieliger Filtersysteme für zahlreiche Viehhaltungen vorschreibt (Quelle). Kosten, die ein bäuerlicher Familienbetrieb nur schwer tragen kann. Als Folge werden diese Betriebe sich entweder nicht mehr in diese Richtung entwickeln können, was zu sinkenden Einkommen führt, zum Anderen, werden sie mit extrem großen Betrieben konkurrieren müssen, welche durch ihre schlichte Größe solche Auflagen deutlich einfacher kompensieren können.
Noch deutlicher wird dieses neue Feudalsystem bei den sogenannten “Nicht-Regierungs-Organisationen“, kurz NGOs. Sie treten für den Schutz der Umwelt, die Rechte der Tiere und vieles weitere ein. Nicht wenige von ihnen werden trotz ihres Prädikats „Nicht-Regierung“ nicht unerheblich aus Steuergeldern mitfinanziert, was aber selten ausreicht um ihren Apparat gut bezahlter Posten und Positionen dauerhaft zu bezahlen (Quelle). Haupteinnahmequelle sind daher Mitgliedsbeiträge und Spenden, welche sich um so besser generieren lassen, je besser man belegen kann, daß die prophezeite Katastrophe unmittelbar bevorsteht und man als einziger die passende Lösung zur Verfügung hat. So werden am laufenden Band Skandale publik gemacht, die sich bei näheren hinsehen schnell als völlig haltlos erweisen (Quelle). Hierbei schreckt man auch nicht vor Straftaten, wie Einbruch, Sachbeschädigung, Diebstahl und Tierquälerei zurück, wenn Vertreter dieser Organisationen beispielsweise wieder in einen Stall einbrechen um dort “Beweise“ zu sammeln und zu filmen.
Das es überhaupt diese neuen Feudalherren gibt, liegt wohl maßgeblich daran, daß diese Art der Arbeitsteilung so wunderbar bequem ist. Dabei gibt es einen riesengroßen Unterschied zum vergangenen Feudalismus: die Demokratie! Diejenigen, die heute Macht ausüben oder ausüben wollen, sitzen dort nicht aus einem uralten erblichen Machtanspruch, sondern weil sie entweder durch eine Mehrheit dorthin gewählt wurden oder durch eine schweigende Mehrheit dort akzeptiert werden. Hier kommt das Defizit an Landwirten oder entsprechend nahestehenden Personen in Medien und Verwaltung zum Tragen. Wer sich nicht selbst engagiert und andere einfach machen lässt, wird zwangsläufig untergehen. Gleiches gilt auch für die NGOs, ihre Macht beruht darauf, daß ihre Positionen all zu oft unwidersprochen stehen bleiben. Jeder kennt die Reaktionen dieser Institutionen, wenn man an ihrer Sicht der Dinge zweifelt, sie ist geradezu allergisch, immerhin hängt ihre Existenz von ihnen ab. Ihre Stellung ist heute nur deshalb so mächtig, weil sie in der Vergangenheit so frei agieren konnten. Wer sie weiterhin ohne Gegenwehr agieren lässt, ist mitverantwortlichen, wenn aus den Argumenten von heute morgen unumwerfliche Dogmen werden! Das Grundprinzip der Demokratie ist das Mitmachen, das Engagement aller Bürger, der Feudalismus steht dem krass entgegen, weil er an starre Eliten glaubt, die dazu berufen seien, den Rest des Volkes zu führen. Es geht nicht nur um die Zukunft der Landwirtschaft, die in Freiheit und Eigenverantwortung am besten aufgestellt ist, es geht auch darum die demokratische Ordnung als ganzes gegen neue feudale Bestrebungen zu verteidigen in dem sich jeder nach seinen Mitteln und Möglichkeiten in den Diskurs einbringt!