Posse des Jahres

Wir alle müssen nun seit rund zwei Jahren Rundfunkbeiträge zahlen, unabhängig davon ob wir uns die öffentlich-rechtlichen Sender antun oder nicht. Begründet wurde dies von nicht wenigen Politikern damit, daß so ein Qualitätsjournalismus in Funk- und Fernsehen gewahrt wird, den die privaten Sendeanstalten vielfach nicht liefern können oder wollen. Es würde sich quasi um eine Art “Demokratieabgabe” handeln, ohne die schon morgen wieder böse Populisten an die Macht gelangen könnten, so wurde nicht weniger populistisch argumentiert. Das das Privatfernsehen nicht unbedingt für qualitativ hochwertige Eigenproduktionen bekannt ist, ist genauso wenig ein Geheimnis, wie die frei erfundenen Geschichten des echten Lebens echter Unterschichten im sogenannten HartzIV-TV. Stattdessen wird in Köln, Mainz und wo überall noch die Funkhäuser eines jeden Landesfürsten stehen, das Ideal des unabhängigen Journalisten aufrechterhalten, der mutig und ehrlich die Missstände in unserem Land ans Licht des Tages bringt, so die einhellige Meinung.

Leider hat soviel Idealismus einen fatalen Nachteil, all zu oft kollidiert er mit der Realität! Dann, wenn die scheinbare Unabhängigkeit längst eigenen verblendeten Denkmustern und Verfilzungen mit Lobbygruppen gewichen ist und wenn es die Missstände die man so gern aufdecken möchte so gar nicht gibt. Was nun? Naja, so unerfolgreich sind die Unterschichtenformate letztlich nicht, warum es ihnen also nicht gleichtun und der schnöden Realität ein wenig auf die Sprünge helfen? Statt arbeitsloser Charaktere, nimmt man ein paar Mitglieder einer kriminellen Vereinigung als Laienschauspieler und schon bekommt man eine preisgekrönte Fernsehdoku.

Alles Quatsch? Völlig unmöglich ? Doch, es ist nicht nur möglich, sondern schon längst geschehen! Die Deutsche Akademie für Fernsehen zeichnete jüngst Edgar Verheyen und Monika Anthes für ihre “Doku” “Gequält, totgeschlagen und weggeworfen” aus, die schonungslos zeigt, was definitiv nicht Tag aus und Tag ein in unseren Schweineställen passiert (Quelle ). Zu diesem Ergebnis kam niemand geringeres als die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg, die die “Beweisvideos”, welche das wahrlose Erschlagen von Ferkeln zeigen sollen, klar als Fälschung entlarvte (Quelle). Für Verheyen und Anthes spielt echt oder Fälschung aber keine Rolle, denn die Videos sind gut genug inszeniert um sie als Grundlage für ihre Doku zu verwenden. Leider waren sie nicht abendfüllend. Doch ist dies kein wirkliches Problem, denn anders als in der Realität haben Inszenierungen quasi keine Wartezeit. Kurzerhand lieferten die Urheber des Filmes, welche sich bis dato schon des Einbruchs, Sachbeschädigung, Tierquälerei, Vortäuschung von Straftaten, übler Nachrede, Verleumdung usw. schuldig gemacht hatten, weiteres. Genau diese lange Liste von Gesetzesübertretungen schien den beiden WDR Journalisten geradezu ein Qualitätssiegel für ihre Quelle zu sein, denn schließlich wurden sie am Ende sogar als Experten rund um ihr Fachgebiet, womit nicht das Fälschen von Filmen gemeint ist, für die Doku verwandt. Die Zusammenarbeit zahlte sich aus, denn schnell waren durch weitere Einbrüche weitere Beweisfilmchen produziert und die absolut echte Doku fertig! So muss sich auch niemand wundern, warum die dort angeblich vorgefundenen skandalösen Zustände nicht umgehend an die zuständigen Behörden gemeldet wurden, denn es wäre für die Verheyen und Anthes Projekt sicherlich nicht gerade förderlich gewesen, hätten die Behörden auch dieses Material noch vor der Erstaustrahlung als gefälscht entlarvt.
Ja, es gibt einen Unterschied zwischen privaten und öffentlichen Rundfunk. Abgesehen von der dank “Demokratieabgabe” hervorragenden Finanzausstattung der öffentlichen, scheint es dagegen bei den Privatsendern wenigstens eine Art publizistische Moral zu geben. Zwar sind sie Großmeister darin sich die Wahrheit nach dem Motto “desto perverser, desto besser” zurechtzubiegen, doch haben sich die Akteure, die dabei bloßgestellt werden, freiwillig dazu bereiterklärt und bekommen dafür dann auch eine gewisse finanzielle Entschädigung, über dessen Verhältnismäßigkeit man gerne streiten mag. Die deutschen Schweinehalter hingegen hat niemand gefragt, ob sie den gefühllosen Totschläger in Verheyen und Anthes Schauspiel mimen wollen, von irgendeiner Entschädigung ganz zu schweigen. Persönlich würde es mir schon genügen nicht mehr für Lügen und Beleidigungen gegen mich und den gesamten Bauernstand zahlen zu müssen. Soviel Masochismus, Geld zu zahlen um sich dafür beleidigen, verleumden und treten zu lassen, tragen wohl die wenigsten in sich. Im Zweifel wäre ihr Geld dann aber bei einer Domina besser angelegt!

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