Zu einem der beliebten Gerüchte rund um die moderne Landwirtschaft gehört wohl dieses, das die Bauern in unserem Land schalten und walten können wie es ihnen beliebt, ohne Kontrolle und Aufsicht, ohne Grenzen, Limits und Schranken. Wenn mal wieder ein Lebensmittel”skandal” durch die Medien gepeitscht wird, ist es daher eine der beliebtesten Antworten von Verbänden und Politikern strengere Auflagen und mehr Kontrollen zu fordern, ungeachtet dessen, daß der betreffende Mißstand gerade deshalb aufgedeckt und unterbunden wurde, weil wir ein dichtes und umfassendes Kontrollnetz haben. Ausländische Kommilitonen von mir, die aus zum Teil authoritär regierten Staaten kommem, staunen irritiert immer wieder darüber, ist doch in ihren Diktaturen fast alles erlaubt und hier in unserer westlichen Freiheit anscheinend fast alles verboten und reglememtiert. Die Entscheidungsträger kümmert soetwas jedoch wenig, haben sie mit den Folgen ihrer Entscheidungen in der Regel fast nichts zu tun und gilt es doch durch Aktionismus Entschiedenheit, Durchsetzungswille und Verantwortungsgefühl gegenüber den Bürgern zu beweisen, nebenbei lässt sich zudem die eigene Macht und der eigene Einflussbereich nach und nach erweitern. Für die Landwirtschaft hat sich dadurch inzwischen eine massive Belastung ergeben, die den Strukturwandel hin zu immer größeren Einheiten anheizt. Eine Größe bei der man sich beispielsweise eine Bürokraft leisten kann, die sich um den alltäglichen Papierkrieg kümmert.
Hier seien nur ein paar Beispiele genannt, welche Auflagen Landwirte einzuhalten haben und was wem gemeldet werden muss, bzw. kontrolliert wird. Hierbei handelt es sich, wie gesagt, nur um den absoluten Grundstock, bei vielen Betrieben kommen je nach Betriebsart noch zahlreiche weitere Punkte hinzu, vor allem noch die zahlreichen privatwirtschaftlichen Zertifizierungssysteme ohne die ein Großteil der weiterverarbeitenden Industrie einem heutzutage oftmals nichts mehr abnimmt. Wohlgemerkt, der gesamte zusätzliche Aufwand wird dabei nur in den allerseltesten Fällen vergütet. Wer die Liste genau liest, dem wird zudem auffallen, daß viele Daten mehrfach gemeldet werden müssen, was in den meisten Fällen vollkommen unverständlich ist:
1x jährlich:
–Agrarsammelantrag: Meldung der bewirtschafteten Fläche, angebauten Kulturen, des gehaltenen Viehbestands, Kartierung dieser Daten anhand von Luftbildern
–Nährstoffvergleich: Bilanz der ausgebrachten Dünger (insbesondere tierischer Herkunft) und der durch die Ernte entzogenen Nährstoffe.
-Dafür auch regelmäßige Entnahme von Bodenproben und Aufbewahrung der Analyseergebnisse.
–Meldung zur Tierseuchenkasse: der vorhandene und über das Jahr zu erwartene Viehbestand
–Güllekataster: Meldung der aufgenommenen und abgegebenen Wirtschaftsdünger.
-Erstellung eines steuerlichen Jahresabschlusses. Inventur des Betriebes.
-Meldung des Betriebsergebnisses an die landwirtschaftliche Sozialkasse.
–Gasölantrag: Meldung der im Betrieb verbrauchten Treibstoffe, der bewirtschafteten Fläche und der vorhandenen Kraftmaschinen.
-Meldung des nachgebauten und zugekauften Saatgutes an die Saatguttreuhand.
-Bei Saatbau-Betrieben Kontrolle der Saatgutbestände durch die amtlichen Anerkennungsstellen, bzw. bei Kartoffelvermehrung zusätzlich eine Untersuchung der Äcker auf Nematoden vor dem Pflanzen.
-Je nach Region: Meldung des entnommenen Beregnungswassers und desseb Verwendung. IdR. gibt es je nach Kultur Höchstgrenzen für die Wassermenge.
-Zusätzlich zum TÜV jährliche Sicherheitskontrolle landwirtschaftlicher Anhänger
Mehrmals jährlich:
–Veränderungen der Schweine- und Rinderbestände an die entsprechenden zentralen Datenbanken
-Meldung des Antibiotikaeinsatzes an die bundesweite Antibiotika-Datenbank.
-Bei Saatgutaufbereitung: Meldung der aufbereiteten Mengen, deren Anlieferer und Abnehmer an die Saatguttreuhand.
–Kontrolle der Viehbestände durch den Amtsveterinär.
Sonstiges:
-Unterzeichnung mehrer Formulare bei jeder Getreidelieferung, Aufbewahrung einer Rückstellprobe jeder Lieferung für mehrere Jahre.
-Vorlage eines Sachkundeausweises beim Kauf von Pflanzenschutzmitteln. Dieser ist alles zwei Jahre auf einer Fortbildung zu erneuern.
–Kontrolle von Pflanzenschutzgeräten, alle zwei Jahre in einer zugelassenen Prüfstelle.
-Ca. alle vier Jahre Kontrolle des Betriebes durch die Berufsgenossenschaft auf Arbeitssicherheit.
-Wenn Futter für die eigenen Tiere im Betrieb gemischt wird: Anmeldung und Eintragung als futtermittelverarbeitender Betrieb.
-In mehrjährigen Abständen Kontrolle von Treibstoff-, Öl- und Pflanzenschutzlagerstätten, sowie Waschplätze durch die zuständigen Behörden