Von Keimen und Resistenzen

Es ist ein uraltes Spiel, dass schon die kleinsten Kinder beherrschen: Wer etwas ausgefressen hat, zeigt zuerst einmal auf den anderen, in der Hoffnung dass er selbst ungeschoren davon kommen möge. Genau unter diesem Aspekt ist auch die Debatte um multiresistente Keime, welche angeblich aus der Massentierhaltung stammen sollen, zu verstehen. Von verschiedensten Seiten, seien es Humanmediziner, Tierärzte oder selbst ernannte Umweltschutzorganisation, prasselt es seit Monaten auf die Landwirtschaft ein, dass in unverantwortlichen Maße Antibiotika in ihren Tierhaltung einsetzen würden. Schon kurz nach Beginn dieser Debatte brachte die Politik in hektischer Weise, als hätten sie in den letzten Jahren etwas versäumt, ein Gesetz auf den Weg, das als Langzeitziel, ohne es ausdrücklich zu nennen, die komplette Abschaffung des Antibiotikaeinsatzes in der Nutztierhaltung hat (Quelle). Doch vielen scheint dies noch nicht weit genug zugehen.

Deutschland hat ein Problem mit multiresistenten Keimen (MRSA) in der Humanmedizin. Hierbei handelt es sich um Erreger, die sich mit keinem bekannten Antibiotikum mehr bekämpfen lassen, so dass einem, einmal mit ihnen infiziert, nur noch hoffen und beten für die Genesung bleibt. Schätzungen gehen europaweit von ca. 50.000 Toten jährlich durch besagte multiresistente Keime aus (Quelle). Jedes Problem hat nun aber auch eine Ursache, so auch in diesem Fall. Der Ursachenforschung kamen diesem Fall sehr gelegen, dass die Diskussion um die multiresistenten Keime genau zu einer Zeit aufkam, als man sich in Deutschland hitzig bis brandstifterisch um den Neubau von Hähnchen- und Schweineställen, sowie Schlachthöfen stritt. In diesem vergifteten Klima war der Schuldige schnell gefunden: die konventionelle Landwirtschaft mit ihren Massentierhaltungen, quälte nicht nur die armen Tiere und zerstörte die Natur, nein sie tötete nun auch Menschen durch die Keime die in ihren mit Antibiotika vollgepumpten Ställen brüteten. Durch dieses brutale Todschlagargument versuchten zunächst die Möchtegern-Tierschutzorganisationen ihre gute Sache zu unterstreichen und säten dabei auf fruchtbaren Boden, denn inzwischen schlossen sich ihnen nach den Kleintierärzten auch die Humanmediziner an (Quelle). Geballtes Fachwissen mag man nun meinen, habe sich da zusammengetan um das Problem der widerspenstigen Keime in den Griff zu bekommen, doch wer von etwas genauer hinschaut erkennt schnell ganz andere Motive.

 

Den Zusammenhang zwischen intensiver Nutztierhaltung und dem Auftreten multiresistenter Keime hat noch niemand von ihnen nachweisen können. Im Gegenteil, schaut man sich den europäischen Vergleich an, scheint es eher ein gegeläufiges Verhältnis zwischen Viehbesatz und resistenten Keimen zu geben(Viehbesatz Europa; schwerbehandelbare Infektionen Europa ). Die Niederlande sind das am stärksten mit Vieh besetzte Land Europas, knapp 4 Großvieheinheiten (GVE) kommen dort je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche, gemäß der Theorie Massentierhaltung befeuert die Ausbreitung von gefährlichen Keimen, müsste es also bei unseren westlichen Nachbarn am schlimmsten bestellt sein. Fehlanzeige! Zusammen mit Dänemark, dem Land mit dem europaweit drittstärksten Viehbesatz sind die Niederlande ein Vorzeigeland was multiresistente Keime angeht, von 100 Infektionen ist dort zum Teil weniger als ein Prozent schwierig behandelbar. Im Vergleich dazu halten wir in Deutschland 1,1 (GVE) und haben 25 % schwer zu behandelnde Infektionen. Am anderen Ende dieser Tabelle sieht es nicht anders aus, so werden in Spanien, Italien und Portugal nur noch ein Zehntel der Tiere je Fläche gehalten, wie in den Niederlanden, dennoch ist fast jede zweite Infektion dort in der Behandlung problematisch.

 

Von einem verantwortungslosen Umgang mit Antibiotika in der Humanmedizin spricht fast niemand und noch weniger wird die Kleintiermedizin ins Kalkül gezogen. Doch ganau darüber müsste gesprochen werden, denn in der Nutztierhaltung sind multiresistente Keime kein Thema, dabei müssten sie hier ja als erstes auftauchen, wenn die Theorie stimmen sollte. Das die Niederlande so gesund dastehen, hat auch seinen Grund. Strikte Hygiene in den Krankenhäusern, wo -da sind sich die meisten Experten sogar einig- die Hauptbrutstätte der renitenten Keime zu suchen ist, gepaart mit einer, man höre und staune, sehr zurückhaltenden, um nicht zu sagen geizigen, Anwendung von Antibiotika in der Humanmedizin (Quelle) ! Sollte man den Schlüssel also in den Krankenhäusern, statt in den Ställen suchen? Nicht nur, denn Zoonosen, also die Übertragung von Keimen vom Tier auf den Menschen ist eine durchaus reelle Möglichkeit. Doch wo pflegen Mensch und Tier den engsten und zahlreichsten Kontakt zueinander? Sicher nicht in den Ställen der Landwirtschaft, sondern auf den Sofas unserer Wohnzimmer zu Pfiffi, Mausi, Miezi und Co. Kleintierärzte verabreichen dabei die gleichen Mengen an Pharmazeutika wie ihre Kollegen auf den landwirtschaftlichen Betrieben! Wer in den Ställen die Gefahr von Resistenzbildung sieht, muss dies als erstes auch bei unseren häuslichen Vierbeinern in Erwägung ziehen. Stattdessen zeigen Kleintierärzte mit den Finger auf ihre Kollegen, daß sie sich moralisch fragwürdig verhalten würden und bei ihrem Job auf den Höfen jegliche Ethik über Bord schmeißen würden (Quelle). Ist es aber ethisch zu vertreten einem 18 Jahre alten krebskranken Kater Chemotherapien zu geben um ihn vielleicht noch ein Jahr länger leiden zu lassen? Wer Sendungen wie Hund, Katze, Maus im Fernsehen verfolgt sieht vor allem eins: Im Kleintierbereich lassen sich Unsummen verdienen, wenn vielleicht nicht gerade bei den Veterinären selber, dafür können diese ihr dort ihr Ego austoben, wenn sie alle nur wissenschaftlich möglichen, und in der Humanmedizin schon lange etablierten, Methoden auch selber im Veterinärbereich zur Anwendung bringen können. Während selbst im Humanbereich längst die Diskussion geführt wird, ob auch jede mögliche Therapie auch ethisch richtig ist, scheint bei den Kleintieren zu gelten, je länger man den Tod von Pfiffi noch rausgezögern kann, desto besser, selbst wenn am Ende einen Kredit aufnehmen muss.

 

Das die Anwendung von Antibiotika in der Nutztierhaltung weiter optimiert werden muss, steht außer Frage, immerhin handelt es sich dabei auch um betriebswirtschaftliche Kosten, was gerne in der Diskussion verschwiegen wird. Mit Brechstange wird man dies aber nicht bewerkstelligen können. Multiresistente Keime stellen in Deutschland ein Problem dar, das es zu lösen gilt, nur dafür müssen die wahren Ursachen ausfindig gemacht und benannt werden! Durch einseitige Anschuldigungen ist dies auf alle Fälle nicht zu machen!

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