Der Artikel “Die Rache aus dem Stall” aus “Die Zeit” vvon letzter Woche schlug und schlägt hohe Wellen. Nicht nur für uns Landwirte und Tierärzte wurden durch den Artikel sämtlichste Grenzen guten Journalismuses unterschritten. Trotz der heftigen Reaktionen auf den Artikel setzte die Zeit diese Woche ihre Serie mit dem Titel “Tiermedizin: Dauernd Stoff vom Arzt” in unbeschreiblich hetzerischer und diskriminierender Weise fort.
Heute wurde der Protest, der in den vergangenen Tagen schon in den sozialen NEtzwerken tobte auch auf die Straße getragen, als zahlreich Bauern und Tierärzte in Hamburg vor der Zeit demonstrierten. Die Journalisten ließ die Empörung über ihren abscheulichen Bericht jedoch weitestgehend kalt. Zwar schickte man den stellvertretenden Chefredakteur Moritz Müller-Wirth vor, jedoch ließ dieser sich nicht zu mehr als Ausreden hinreissen. Ein Video von der Demonstration ist auf Youtube zu finden (https://www.youtube.com/watch?v=NhM5-ACZJk0&feature=youtu.be)
Neben diesen Arten des Protestes gibt es auch den offiziellen Weg, den ich heute mit eingeschlagen habe: Eine Beschwerde vor dem Deutschen Presserat. Der Weg der Beschwerde steht jedem Bürger offen, sofern er die Verstöße des Artikels gegen den Deutschen Pressekodex aufzeigen kann. Jedem ist anzuraten auch diesen offiziellen Weg zu beschreiten, da sich der Presserat bei einer entsprechenden Anzahl ein Einwänden einer Entscheidung nicht mehr entziehen kann. Im folgenden ist exemplarisch meine Begründung der Beschwerde zu finden:
Sehr geehrte Damen und Herren des Deutschen Presserates,
hiermit lege ich Beschwerde gegen den oben angeführten Artikel “Die Rache aus dem Stall” ein aus der Ausgabe der “Die Zeit” vom 20.11.2014.
Zur Begründung: Der Artikel enthält mehre Textpassagen entehrenden und menschenverachtenden Inhalts, der die dort aufgeführten Personengruppen, namentlich Landwirte und Tierärzte schwerwiegend diskriminiert. Zusammen mit den weitergehenden Ausführungen im Onlineangebot der “Die Zeit” (http://www.zeit.de/feature/mrsa-krankenhauskeime Stand:27.11.2014 19:28), wird dabei sogar relativ direkt zu Gewalt gegen diese Personengruppen aufgerufen.
Folgende Textpassagen sind dafür näher zu betrachten:
S.21 1.Spalte unten: „Und das Landwirte auf einmal nicht nur Ferkelzüchter und Putenmäster waren, sondern Risikopatienten. >>Wenn ein Landwirt in eine Klinik kommt, muss er im Prinzip sofort in Quarantäne. Landwirte tragen diese Keime .<< Alle sind es noch nicht, aber nach einer Untersuchung der Uni-Klinik Münster aus dem Jahre 2012 sind in viehreichen Regionen fast 80 Prozent der Landwirte mit solch gefährlichen Keimen besiedelt.“
S.21 4.Spalte unten: „Besonders betroffen sind jene Personen, die ständigen Kontakt zu Tieren haben: Landwirte und Veterinäre, aber auch ökologisch lebende Naturfreunde, die Eier und Milch direkt auf dem Bauernhof kaufen“
Die fragliche Feststellung, daß Landwirte und Tierärzte großteils mit resistenten Keimen besiedelt seien ist eine schwerwiegende Stigmatisierung dieser Berufsgruppen. Gleichzeitig wird als Konsequenz dieser Behauptung die soziale Isolation dieser Menschen empfohlen. Hier werden Menschen auf Grund ihres Berufes schwerwiegend diskriminiert und auch die Vernichtung ihrer Existenz billigend in Kauf genommen, da auch angeraten wird Hofläden, bzw. landwirtschaftliche Betriebe allgemein großräumig zu meiden! Hierin ist meines Erachtens ein klarer Verstoß gegen Ziffer 1 und 9 des Pressekodex zu sehen, da die Würde und Ehre der Betroffenen Personen nicht geachtet wird! Auch ist Ziffer 12 hiervon betroffen, da indirekt zu sozialer Isolation der Betroffenen zum Schutz der eigenen Gesundheit angeraten wird, was einen klar diskriminierenden Vorgang darstellt.
S.21 2. Spalte Mitte: „Doch Bauern kippen Antibiotika in ihren fast hermetisch abgeriegelten Ställen ins Trinkwasser der Schweine und Hühner und schaffen damit eine perfekte Brutstätte für antibiotikaresistente Keime, die dann später Ärzte in Praxen und Kliniken zur Hilflosigkeit verdammen.“
Hierbei werden Landwirte pauschal des Rechtsbruches beschuldigt, ohne daß dafür ein Beweis vorgelegt wird. Seit 2006 ist europaweit der präventive Einsatz von Antibiotika in Futtermitteln etc. nicht mehr erlaubt. Eine Verabreichung darf nur nach entsprechender Diagnose durch Tierarzt erfolgen. Wenn hier behauptet wird, daß Landwirte dennoch pauschal Antibiotika mit dem Tränkewasser verabreichen, wird ein gesamter Berufsstand einer fortdauernden Straftat bezichtigt. Dieser Textteil verstößt damit gegen Ziffer 13 des Pressekodex, da eine Vorverurteilung ohne jeglichen Beweis stattfindet.
S. 22 Spalte 1 unten: „Doch nun geht es nicht mehr um Mitleid, sondern um das eigene Wohl, womöglich eines Tages ums Überleben. Denn auf lange Sicht könnten die Mikroben diesen Krieg gewinnen.
Es herrscht eine paradoxe Gleichzeitigkeit: Deutschland fürchtet sich vor Ebola-Viren aus Afrika -dabei gibt es nicht einmal eine Handvoll Patienten in Europa. Andererseitsd nimmt dieselbe Gesellschaft das Risiko Zigtausender Todes- und Krankheitsfälle hin, die von Bakterien verursacht werden, welche wir in unseren eigenen Masttierställen und Krankenhäusern heranzüchten.“
Der Vergleich resistenter Stallkeime mit dem Ebola-Virus ist vollkommen unsachlich und verachtend gegenüber den Opfern dieser schlimmen Seuche. Hier wird direkt mit den Ängsten der Menschen gegenüber Ebola und anderen schweren Infektionskrankheiten gespielt und suggeriert, daß von Stallkeimen die gleiche Gefahr ausginge. Sowohl Ziffer 14 des Pressekodexes wird hier verletzt, da hier überzogen hohe Ängste vor einer unkontrollierbaren Seuche bei den Lesern geschürt werden, als auch Ziffer 11.3 da hier das unglaubliche Leid der Ebola-Opfer verharmlost wird.
Aus den Ebola-Gebieten in Westafrika sind zudem Übergriffe auf Helfer und Gesundheitsaufklärer bekannt geworden, dessen Motiv die Angst vor einer Infektion war. Bei dem hier getroffenen Vergleich, kann die auch hierzulande vorhandene Angst zu Gewaltakten gegenüber den hier Beschuldigten geschürt werden. Da auch Laien bekannt ist, daß sich Viren und Bakterien durch Hitze und Feuer unschädlich machen lassen, ist durch den in diesem Artikel getroffenen Vergleich in direkter Folge mit Brandstiftungen gegen Tierhaltungseinrichtungen zu rechnen, die schon jetzt durchaus keine Seltenheit sind. Dieser Sachverhalt steht daher in Konflikt zu den Ziffern 1 und 12 des Pressekodexes.
Die Gefahr von Gewaltakten gegenüber Landwirten und Tierärzten auf Grund dieses Artikels wird noch einmal durch ein weitergehendes Zitat des Dr. Gerd-Ludwig Meyer, der durchaus als Identifikationsfigur in diesem Artikel fungiert, aus den Zeitonline Features (http://www.zeit.de/feature/mrsa-krankenhauskeime Text 3 „Landarzt und hilflos“ Stand:27.11.2014 19:28). Dort steht wortwörtlich: „Meyer ist fassungslos. “Entweder ich erstatte beim Staatsanwalt Anzeige wegen Körperverletzung…”, er überlegt, ob er es aussprechen soll, aber dann sagt er es doch: “…oder ich werde Terrorist”. Gerade durch den hier versuchten Identifikationswert, ist damit zu rechnen, daß Leser des Artikels zu Gewaltakten angespornt werden. Auch hier sind meines Erachtens die Ziffern 1 und 12 des Kodexes betroffen.
S.24 5. Spalte unten: „… wonach die Zahl der Todesopfer durch bakterielle Infektionen um das Zehnfache ansteigen könnte -auf eine Million Menschen innerhalb von drei Jahren. Das wäre ein nationaler Notfall, vergleichbar mit einem Terrorangriff“ Hier werden wieder beim Leser Ängste ohne ausreichende Belege geweckt und die Ziffer 14 des Kodex gebrochen.
Zu der Gesamtthematik des Artikels konnte bereits die TAZ am 25.11.2014 (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=fl&dig=2014%2F11%2F25%2Fa0104 Stand 25.11.2014 19:17) aufzeigen, daß die Zahlen zu den Todesfällen auf Grund multiresistenter Keime, welche im oben genannten Artikel angeführt werden nicht den offiziell erfassten entsprechen und allein auf Mutmaßungen beruhen. Zudem geben die genannten Studien nicht die Schlussfolgerungen des Artikels wieder. Hier wurde die Wahrheitspflicht gemäß Ziffer 1 des Pressekodexes gebrochen!
Auf Grund der an Hand der zitierten Textpassagen aufgezeigten Verstöße gegen den deutschen Pressekodex bitte ich Sie daher entsprechend gegen die Verantwortlichen bei der Zeit tätig zu werden und sich dafür einzusetzen, daß sich solche diskriminierende und hetzerische Berichterstattung nicht in der Presselandschaft etabliert. Dafür wäre ich Ihnen sehr verbunden. Sollten Sie noch weitergehende Fragen zu meinen Ausführungen haben, stehe ich Ihnen jederzeit gern zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen
Olaf Henke